Köln – Catharina Gündel ist Medizinstudentin, heute 21 Jahre alt – und schon im 9. Semester. Als sie ihr Studium 2014 begann, war sie gerade einmal 17.
«Ich habe die dritte und siebte Klasse übersprungen und war im ersten G8-Jahrgang», erklärt Gündel, die neben dem Studium als Sozialreferentin des AStA der Universität Köln arbeitet.
Was lange als Ausnahme galt, kommt inzwischen immer häufiger vor: Im Wintersemester 2016/2017 waren laut
Statistischem Bundesamt 4279 Studierende jünger als 18 Jahre. Zwar machen die U18-Studierenden damit nur 0,15 Prozent der insgesamt über 2,8 Millionen Studierenden aus. Doch ihre Zahl steigt. «Das beruht auf dem G8-Abitur und der Aussetzung von Wehr- und Ersatzdienst», erklärt Peter Betz, Fachanwalt für Familienrecht. «Es wird in den nächsten Jahren immer mehr minderjährige Studierende geben.»
Für die Hochschulen ist das eine Herausforderung. Denn: Wer jünger als 18 Jahre ist, hat nur eine beschränkte Geschäftsfähigkeit. «Minderjährige können sich ohne Erlaubnis der Eltern normalerweise nicht immatrikulieren, sie dürfen keinen Bibliotheksausweis beantragen, keinen Mietvertrag unterschreiben und dürfen nicht mal am Hochschulsport teilnehmen», erklärt Betz. Ob zur Prüfungsanmeldung oder zur Nutzung der Bibliothekscomputer – normalerweise braucht es immer die Unterschrift der Eltern.
Inzwischen haben sich die meisten Hochschulen aber auf minderjährige Studierende eingestellt: Mit Generaleinwilligungen können Eltern ihren Kindern die Vollmacht über studentische Angelegenheiten erteilen. Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen änderten sogar eigens das Hochschulgesetz und erteilten Minderjährigen in sämtlichen Studienangelegenheiten alleinige Handlungsfähigkeit.
Und auch außerhalb der Uni lauern Stolperfallen für minderjährige Studierende. Wer nicht gerade die Eltern mitnimmt, muss die Ersti-Party zum Beispiel um Mitternacht verlassen und auf hochprozentigen Alkohol verzichten. Für Mietverträge und Studentenjobs müssen die Erziehungsberechtigten ebenfalls ihr Einverständnis erteilen.
Noch schwieriger: Die Finanzierung des Studiums über einen Studienkredit. Hierfür brauche es nicht nur die Einwilligung der Eltern, sondern auch eine Erlaubnis des Familiengerichts. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) vergebe jedoch an Minderjährige in der Regel keine Kredite. Bafög dagegen gibt es auch unter 18, erklärt Betz.
Sorgen wie diese sind Catharina Gündel fremd. Und trotzdem berichtet sie von dem ein oder anderen kleineren Hindernis im Uni-Alltag. Von der Chemieklausur, zu der sie sich nicht online anmelden konnte, weil ihr Geburtsjahr nicht auswählbar war. Und von der Ersti-Fahrt der Fachschaft, an der sie nicht teilnehmen durfte.
Im Studienalltag finden sich Minderjährige aber häufig gut zurecht. Das hat Sandra Schramm, Leiterin der Zentralen Studienberatung der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, festgestellt. «Sie unterscheiden sich im Wesentlichen nicht von volljährigen Studierenden, haben keinen besonderen Betreuungsbedarf oder erkennbar stärker mit Heimweh zu kämpfen.»
Allein die Unsicherheit bei der Studienwahl sei merklich höher unter den Jugendlichen. «Viele Studieninteressierte glauben, sie müssten von Anfang an eine perfekte Entscheidung treffen», erklärt Schramm. Ist die Unsicherheit zu hoch, empfehle sie häufig, ein Überbrückungsjahr einzulegen, um sich zum Beispiel bei einem Auslandsaufenthalt oder einem Freiwilligen Sozialen Jahr weiter zu orientieren.
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(dpa/tmn)