Kassel/Berlin – Lernen auf akademischem Niveau, nach Feierabend oder am Wochenende, bei renommierten Lehrkräften und mit einem klangvollen Namen für den Lebenslauf.
Das versprechen Weiterbildungen mit Hochschulzertifikat, die es inzwischen an zahlreichen Universitäten und Fachhochschulen in Deutschland gibt.
Ein Grund für die wachsende Zahl solcher Angebote ist der Wettbewerb «Aufstieg durch Bildung: Offene Hochschulen». Seit 2008 fördern Bund und Länder damit Weiterbildungsprojekte, die sich vor allem an Berufstätige oder Menschen mit Familie richten. Laut Bundesbildungsministerium haben die Unis und Fachhochschulen in Deutschland seit dem Start des Wettbewerbs 111 neue Studienangebote für die wissenschaftliche Weiterbildung in ihren Regelbetrieb übernommen.
Wie ein Zwischenbericht zu den Ergebnissen des Wettbewerbs zeigt, sind darunter viele «echte» Studiengänge, meist berufsbegleitend, aber auch zahlreiche Zertifikatsangebote, über nahezu alle Fachgebiete hinweg. Der Name «Offene Hochschule» verrät dabei schon das Grundprinzip: Unis und Fachhochschulen öffnen ihre Türen für ein nichtstudentisches Publikum – gegen Geld und im Tausch gegen Zertifikate.
Doch wie lang dauert der Weg zum Hochschulzertifikat? Wie sieht er genau aus, was müssen Teilnehmer mitbringen – und was bekommen sie dafür? Eindeutige Antworten auf diese Fragen zu finden, ist fast unmöglich. Denn im Gegensatz zu vielen anderen Hochschulangeboten ist die Welt der Zertifikats-Weiterbildungen kaum reglementiert – dementsprechend regiert der Wildwuchs.
«Es gibt nach meinem Kenntnisstand leider keinen systematischen Überblick zu Weiterbildungsangeboten mit Hochschulzertifikat», sagt Burkhard Lehmann, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium (DGWF). Ein Streifzug über die Webseiten der Hochschulen zeigt aber schnell, wie breit das Angebot ist: Manche Veranstaltungen dauern nur ein paar Wochen, andere mehrere Semester. Teilweise reicht die Teilnahme für ein Zertifikat, teils steht am Ende eine Prüfung. Manchmal gibt es Präsenzunterricht, andere funktionieren wie ein Fernstudium.
Und auch beim Zugang gibt es Unterschiede: «Da gibt es einmal Angebote mit ganz regulärer Einschreibung, also Immatrikulation an der Hochschule inklusive vorgegebener Einschreibezeiten und -fristen», sagt Lehmann. Bei solchen Angeboten müssen die Teilnehmer häufig auch Voraussetzungen erfüllen, also zum Beispiel Abitur, einen ersten Hochschulabschluss oder Berufserfahrung mitbringen. «Und zweitens gibt es auch Angebote, bei denen die Hochschulen keine oder nur wenige formelle Vorgaben für die Teilnahme machen.»
Inhaltlich handelt es sich bei den Zertifikatsangeboten manchmal um komplett neue Veranstaltungen, manchmal aber auch nicht. «Wir beobachten immer häufiger, dass Hochschulen einzelne Module aus ihrem Lehrangebot, das heißt den normalen Studiengängen, auskoppeln und für Außenstehende öffnen», sagt Lehmann. Teilweise sitzen die Weiterbildungs-Teilnehmer dann sogar mit regulären Studierenden in den gleichen Vorlesungen und Seminaren.
So groß die Unterschiede zwischen den Angeboten auch sind – Geld kosten sie eigentlich immer. Die Preisspanne reicht von ein paar hundert Euro bis hin zu vierstelligen Beträgen, so Lehmann, abhängig natürlich von Länge und Intensität des Angebots.
Lohnt sich diese Investition? «Verglichen mit anderen Weiterbildungen sind die Inhalte bei einer Weiterbildung mit Hochschulzertifikat schon ein Stück weit wissenschaftlicher», sagt Michael Cordes, Wissenschaftler Leiter für den Bereich Weiterbildung bei der Stiftung Warentest. Verkopft und praxisfern seien sie damit aber nicht – im Gegenteil. «Sie bekommen da zum Beispiel einen Einblick in aktuelle Forschungsergebnisse, den sie sonst vielleicht nicht bekommen, und das auf universitärem Niveau.»
Allerdings rät der Experte auch, die Angebote genau zu prüfen – vor allem das, was am Ende steht. «Zertifikat ist kein geschützter Begriff», sagt er. Ein Problem, das auch abseits der Hochschulen für den gesamten Weiterbildungsmarkt gilt. Teilweise handele es sich bei den Zertifikaten nur um Teilnahmebescheinigungen ohne echten Leistungsnachweis – und mit entsprechend geringem Wert für den Lebenslauf. «Beim Hochschulzertifikat gehe ich aber schon davon aus, dass die Hochschulen da etwas sorgfältiger mit umgehen – schon um den eigenen Namen zu schützen», so Cordes.
Bei manchen Angeboten erhalten Teilnehmer nach erfolgreicher Abschlussprüfung zudem nicht nur ein Zertifikat, sondern auch Credit Points – genau wie reguläre Studierende also. Bleibt es bei einer Veranstaltung, nutzt das noch nicht viel. Wer Blut geleckt hat, kann sich die Punkte aber bei einem späteren Studium anrechnen lassen.
Oder er macht aus mehreren Weiterbildungen gleich einen richtigen Abschluss: «Manche Hochschulen in Deutschland haben sich dem Modell der Schweizer Hochschulen angeschlossen», erklärt Lehmann. «Nach diesem Modell ist es möglich, einzeln belegte Module zu einem Hochschulstudium mit regulärem Abschluss zu verknüpfen.» So kann aus mehreren Zertifikaten am Ende sogar ein Master werden.
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(dpa/tmn)