Hamburg – Private, gewinnorientierte Hochschulen und Universitäten mit teils saftigen Studiengebühren sind nach einer neuen Studie weltweit auf dem Vormarsch.

«Deutschland ist das einzige Land, in dem die Politik noch immer an einer beitragsfreien öffentlichen Hochschulbildung für nahezu alle Studierenden festhält», heißt es in dem Vergleichsreport einer US-Wissenschaftlergruppe im Auftrag der Körber-Stiftung (Hamburg).

Hierzulande erhebe entgegen dem globalen Trend weiterhin «nur eine verschwindend kleine Zahl privater Bildungsinstitute Gebühren». Der Privathochschulsektor boome «vor allem in den Ländern, in denen es nicht gelingt, die Nachfrage durch öffentliche Hochschulen und andere staatliche Bildungseinrichtungen zu decken», schreiben die Autoren der Studie. «Private Anbieter füllen die Lücken schnell. Die Qualität und der Nutzen ihrer Angebote variieren dabei stark.»

In Folge dieser Entwicklung schwinde der staatliche Einfluss. «In den meisten Fällen haben sich die Regierungen von einer Politik, die auf die Steuerung der Immatrikulationen und der Bildungschancen ausgelegt war, wieder verabschiedet und Marktkräften und internationalen Trends nachgegeben», sagte Philip Altbach vom Boston College als Leiter der Studie. So hätten Ägypten und Russland «die Trennlinie zwischen öffentlichem und privatem Bildungssektor verwischt, indem sie den öffentlichen Hochschulen gestatten, zusätzlich zu ihren subventionierten Studienplätzen Plätze für gebührenzahlende Studierende zu schaffen».

Der Report «Antworten auf die Massifizierung» analysiert Trends der Hochschul- und Berufsbildungssysteme in 13 Ländern: Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland, Ägypten, Ghana, Australien, China, Indien, Japan, Brasilien, Chile und USA.

Dem Report zufolge ist der Zugang zur Hochschulbildung meist nicht mehr Privileg einer sozialen Elite – vielmehr studierten «in vielen Ländern über die Hälfte eines Jahrgangs», auch in Deutschland. Auf der anderen Seite seien in Indien über 35 Millionen Studierende immatrikuliert, etwa ein Viertel der 18- bis 24-Jährigen des Landes.

Nach einer Studie des zur Bertelsmann-Stiftung gehörenden Centrums für Hochschulentwicklung (CHE/Gütersloh) gelingt es dem aufstrebenden privaten Hochschulsektor in Deutschland «besonders gut, neue Zielgruppen unter den Studierenden anzusprechen». Entscheidend seien «individuelle Service- und Studienangebote, kombiniert mit hoher Relevanz für die spätere Berufspraxis der Absolvent(inn)en».

Potenzielle «Kunden» von Privat-Unis sind laut CHE Studierende mit Kindern und mit bereits abgeschlossener Ausbildung oder auch berufsbegleitend Studierende. «Bei der Adressierung dieser neuen Zielgruppen sind die privaten Hochschulen in Deutschland spürbar erfolgreicher als die staatlichen Institutionen», so das Fazit. Ulrich Müller, Leiter politische Analysen beim CHE: «Studierende sind sensibel dafür, ob sie als Belastung für die Hochschulbeschäftigten empfunden oder mit offenen Armen empfangen werden.»

Fotocredits: Daniel Reinhardt
(dpa)

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