Berlin – Fast neun von zehn jungen Wissenschaftlern in Deutschland wünschen sich Kinder, schieben ihre Familienplanungen aber häufig wegen zu geringer beruflicher Sicherheiten auf die lange Bank.

Außerdem ist die Zahl hauptberuflicher Nachwuchskräfte an den Hochschulen seit dem Jahr 2000 von gut 82 000 auf fast 145 000 (plus 76 Prozent) gestiegen ist – trotz teilweise sehr wackeliger Karrierewege mit weit überwiegend befristeter Beschäftigung (2014: 93 Prozent). Das geht aus dem dritten «Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs» hervor, den Forschungsministerin Johanna Wanka (CDU) nun in Berlin vorstellte.

In einer Befragung des sogenannten wissenschaftlichen Nachwuchses – also bei Promovierenden oder Post-Doktoranden an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen – gaben «nur 12 Prozent der Kinderlosen an, keinen Kinderwunsch zu haben». Berufliche Gründe seien «zentral für das Aufschieben von Kinderwünschen», heißt es in dem alle vier Jahre erstellten Bericht. «Endgültige Kinderlosigkeit» sei beim wissenschaftlichen Nachwuchs mit geschätzt gut 40 Prozent häufiger als bei anderen Hochschulabsolventen (25 Prozent).

Die Bildungsgewerkschaft GEW bezeichnete die Befunde des Berichts zu Wissenschaft und Familienplanung als «dramatisch». «Bund, Länder und Wissenschaftseinrichtungen müssen jetzt endlich die Weichen für eine familienfreundliche Wissenschaft stellen», forderte der stellvertretende GEW-Vorsitzende Andreas Keller. Befristet beschäftigte Nachwuchsforscher müssten sich «darauf verlassen können, dass ihr Arbeitsvertrag tatsächlich verlängert wird, wenn sie Kinder betreuen». DGB-Vizechefin Elke Hannack verlangte eine «Entfristungsoffensive». Nur bei attraktiven Bedingungen habe Wissenschaft in Deutschland eine Zukunft. «Und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und akademischer Laufbahn gehört dazu.»

Bundesministerin Wanka verwies auf mehrere Initiativen der schwarz-roten Regierung in der zu Ende gehenden Legislaturperiode. «Fehlentwicklungen in der Befristungspraxis» mit oft sehr kurzfristigen Ketten-Verträgen sei die Regierung mit einer Reform des Wissenschaftszeitvertrages entgegengetreten. Mit dem Bund-Länder-Programm für Professorenstellen nach einer Bewährungsphase (Tenure Track) würden «transparentere und besser planbare Karrierewege» geschaffen, betonte Wanka. Der Bericht zeige in puncto Vereinbarkeit von Karriere und Familie, «dass wir mit dem Tenure-Track-Programm an der richtigen Stellschraube ansetzen».

Fotocredits: Nicolas Armer
(dpa)

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