Regensburg – Vor ein paar Jahren sorgte die Idee noch für Lacher – als Aprilscherz: Studenten lassen sich das Mensa-Essen nach Hause oder sogar direkt in den Hörsaal liefern.
Nun setzt das Regensburger Studentenwerk in der Corona-Krise die einstige Witzidee in die Realität um. An den Hochschulstandorten in Niederbayern und der Oberpfalz gibt es jetzt den «Mensa-to-go-Lieferdienst».
Andere Studentenwerke warten erst mal ab
Studierende und Bedienstete der Hochschulen und Universitäten in Regensburg, Passau, Landshut und Deggendorf können künftig Mensa-Essen in heimischer Atmosphäre genießen. Ob die Idee Schule macht, ist noch fraglich. Studentenwerke in anderen Städten beobachten die Initiative aus Ostbayern und warten erst einmal ab.
Die Urheberschaft für das neue Angebot kann indes das Studierendenwerk Tübingen-Hohenheim für sich reklamieren. Dieses hatte bereits vor vier Jahren verkündet, als «deutschlandweit erstes Studierendenwerk einen eigenen Lieferdienst» gegründet zu haben. Doch der Blick auf das Datum der Veröffentlichung – 1. April 2016 – machte klar, dass das Angebot «Mensa Delivery» nur ein Scherz war.
«Wir meinen es ernst», sagt nun Nicolas Müller vom Regensburger Studentenwerk. Er geht davon aus, dass der neue Service bundesweit einmalig ist. Seit einigen Wochen läuft das Projekt bereits. Nachdem mittlerweile auch der Internet-Bestellshop fertig programmiert ist, will das Studentenwerk den Lieferdienst nun offensiv vermarkten.
Tägliche Bestellungen nehmen zu
Müller berichtet von einer deutlich steigenden Tendenz der täglichen Bestellungen. Am Anfang seien es etwa ein Dutzend gewesen, mittlerweile orderten rund 60 Interessierte Gerichte wie Reibekuchen mit Apfelmus oder auch klassische Pizzen. «Von unserer Seite aus geht da noch sehr viel mehr», sagt er. Dreistellig solle die Zahl der Kunden pro Tag auf jeden Fall werden.
Der Mindestbestellwert für das Studentenessen liegt bei fünf Euro und die meisten Gerichte müssen noch daheim erwärmt werden. Die Bestellungen werden durch studentische Fahrradkuriere oder auch von Mitarbeitern mit Autos ausgeliefert.
Angesichts der Corona-Pandemie mussten die meisten Studentenwerke in Deutschland zuletzt ihr Angebot an Speisen drastisch herunterfahren, so wie andere Gastronomiebetriebe auch. Die Mensen blieben geschlossen oder boten nur einen Abholservice an – «Mensa to go» gibt es daher allerorten, einen Lieferdienst aber nicht.
Das Angebot zur Heimlieferung passt natürlich dazu, dass derzeit auch die Studenten die meisten Vorlesungen und Seminare nur online mit dem Notebook zuhause absolvieren können. Doch das Regensburger Studentenwerk will das Angebot später beibehalten, wenn die Krise vorbei ist und der Lehrbetrieb wieder zentral in den Hochschulgebäuden stattfindet.
Für Lieferdienste sind Investitionen nötig
Auch in Erlangen soll es bald zumindest einen Wohnheim-Lieferdienst geben. «Wir starten das in Kürze in zwei bis drei Studentenwohnanlagen», erklärt Uwe Scheer, Pressesprecher des Studentenwerks Erlangen-Nürnberg. Bei einem darüber hinausgehenden Lieferservice bleiben die Franken aber skeptisch.
Ähnlich sieht es beim Studentenwerk in Augsburg aus. «Eine Lieferung nach Hause ist derzeit nicht geplant», sagt Michael Noghero, Sprecher des Augsburger Studentenwerks. Für solch ein Angebot seien Investitionen nötig und das Regensburger Modell sei auch nicht einfach auf andere Städte zu übertragen, gibt er zu bedenken.
Auch in München soll es keinen Mensa-Lieferdienst geben. Studentenwerks-Sprecherin Sophie Plessing verweist über die weit verzweigten Hochschulstandorte in und um die Landeshauptstadt und die hohe Dichte an anderen Lieferdiensten. «Auch ist es für Studierende, die daheim arbeiten, am günstigsten, sich selbst eine Mahlzeit zuzubereiten», sagt sie.
Mobiler Verkaufsstand in Hamburg
In Hamburg bringt bereits ein «Food Truck» als mobiler Verkaufsstand Klassiker wie Currywurst, Schnitzel und Pommes zu Wohnheimen oder den Hochschulgebäuden. Jürgen Allemeyer, Geschäftsführer des Studierendenwerks Hamburg, sieht zudem das Potenzial von ganz individuellen Angeboten. «Wir werden auch Liefer- und Bestelldienste prüfen, um Studierende beim Home-Studying und Hochschulbedienstete beim Home Office zu unterstützen», kündigt er an.
Klaus Wilsberg vom Kölner Studierendenwerk findet, dass der Lieferdienst eine «prima Sache» sei. «Warum nicht? Das kann man machen», sagt er. Auch in Köln sei dies bereits diskutiert worden, schon vor der Pandemie. Aktuell werde in der rheinischen Metropole die Idee aber nicht konkret verfolgt.
In Baden-Württemberg wird ebenfalls interessiert beobachtet, wie in Bayern der ehemalige Aprilscherz aus Tübingen ankommt. «Wir wünschen den Kolleginnen und Kollegen in jedem Fall viel Erfolg mit diesem besonderen Angebot», sagt Tilmann Beetz vom Studierendenwerk Tübingen-Hohenheim, das derzeit ebenfalls keinen eigenen Lieferdienst plant. Ob ein solcher Service Erfolg habe, liege an vielen Rahmenbedingungen wie der Ausrüstung für einen sicheren und schnellen Lebensmitteltransport oder den individuellen örtlichen Gegebenheiten, meint Beetz.
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(dpa)