Stuttgart (tmn) – Wer bei Begriffen wie «Kurvenberechnung oder Standardverteilung» keinen kalten Schweiß auf der Stirn stehen hat, der ist unter Umständen für ein Studium im MINT-Bereich geeignet. Knapp 1,1 Millionen Studierende konnten sich im vergangenen Jahr für MINT-Fächer begeistern.
Nach Angaben des
Statistischen Bundesamtes belegen vier von zehn Studierenden demnach ein MINT-Studienfach. Die Abkürzung «MINT» steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Fächer, denen der größte Fachkräftemangel und die besten Berufsaussichten nachgesagt werden. Doch stimmt das? Uns was muss man für ein solches Studium mitbringen?
«Sie müssen nicht genial sein für ein MINT-Studium, aber was Ihnen an Begabung für die Inhalte fehlt, müssen Sie mit Lernbereitschaft ausgleichen», sagt Norbert Röhrl vom MINT-Kolleg Baden-Württemberg. Er und seine Kollegen bereiten angehende Studierende auf die fachlichen Herausforderungen der MINT-Studiengänge vor. «Wir sehen immer wieder, dass manchen vor allem der Mittelstufenstoff, Elementares wie Bruchrechnen, fehlt», erklärt Röhrl. Wer keine Terme kürzen oder umformen kann, bekomme im Studium Probleme. Ob Informatik oder Maschinenbau – Mathe begegnet Studierenden in jedem MINT-Fach.
Wichtig für Quereinsteiger: Wer nach seiner Meisterprüfung ein MINT-Studium beginnen möchte, muss den Lehrstoff oft intensiv vorarbeiten. «Man sagt den Quereinsteigern häufig nicht, dass man im Studium, zumindest in der Mathematik, Abiturniveau von ihnen erwartet», beklagt Röhrl. Eine gewisse mathematische Begabung helfe. Viel wichtiger sei aber, dass man sich für das Ziel begeistern kann: «Wenn ich Maschinenbau studieren möchte, muss ich zum Beispiel das Konstruieren mögen und mich gerne mit Technik auseinandersetzen.»
Maschinenbau ist ein eher klassischer MINT-Studiengang. Speziellere Fächer sind etwa Meteorologie, Medieninformatik, Nachrichten- und Informationstechnik oder Nautik. Das Spektrum ist breitgefächert. Es reicht von Kernfächern wie technische Mathematik oder Informatik bis hin zu solchen Fächern, die Ulrike Struwe vom Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit als «Bindestrich-MINT-Fächer» bezeichnet – also etwa Textil-Ingenieurwesen, Bio-Informatik, Medizin-Technik oder Wirtschafts-Informatik. Diese Fächer haben einen hohen Anteil der Grundfächer, sind aber laut Struwe deutlich stärker auf den Anwendungsbereich fokussiert. Häufig sei dies der Grund, warum sich junge Frauen für diese Studiengänge entscheiden.
Ob mit oder ohne Bindestrich, eines gilt immer: Wer ein MINT-Studium beginnen möchte, sollte Interesse an den Inhalten und dem Fach mitbringen. Eine Bioinformatikerin ohne naturwissenschaftliches Interesse oder ein Wirtschaftsmathematiker mit Angst vor Zahlen, das kann nicht funktionieren.
Abhängig von der Ausrichtung des MINT-Faches, variieren die Aussichten auf dem Arbeitsmarkt. «Für bestimmte Studiengänge, wie Bio-Informatik, stehen aufgrund der Spezialisierung nicht so viele Arbeitsplätze zur Verfügung wie für reine Informatiker und Informatikerinnen», erklärt Struwe.
Die Berufsaussichten gelten aber als gut. Laut MINT-Frühjahrsreport 2018 des
Instituts der deutschen Wirtschaft fehlen derzeit fast 315.000 Fachkräfte in MINT-Berufen – so viele wie noch nie zuvor. Früher gab es in MINT-Berufen den sogenannten Schweinezyklus: Sobald die Arbeitsmarktsituation schwierig wurde, gab es weniger Studienanfänger. «Ein paar Jahre später herrschte dann MINTler-Mangel, daraufhin stieg die Nachfrage wieder, und alle rannten erneut in die MINT-Fächer», erklärt Kolja Briedis vom Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW).
Dieser Zyklus scheint durchbrochen: «Wir kommen von einem sehr niedrigen Niveau», sagt Briedis. Vor 15 Jahren gab es wenige Studienanfänger. In den konjunkturellen Abschwungphasen konnte man sonst beobachten, dass Ingenieure und Techniker Schwierigkeiten hatten. «In der letzten großen Krise blieb das aus, die Unternehmen versuchten, ihre Leute zu halten», sagt Briedis. «Ich würde davon ausgehen, dass die Nachfrage auch in nächster Zeit so bestehen bleibt.»
Auch Struwe bestätigt: «In einem Hochtechnologieland wie Deutschland haben Studierende der MINT-Studiengänge wirklich sehr gute Aussichten.» Das Thema Digitalisierung werde künftig alle Lebensbereiche berühren, ein hoher Bedarf an Fachkräften, die dieses Thema abdecken, bestehe weiterhin.
Fotocredits: Karolin Krämer,Petra Nölle,Frank Eppler
(dpa)