Frankfurt/Oder (dpa) – Bis Anfang kommenden Jahres soll das Konzept für die erste deutsch-polnische Fakultät an der Oder stehen. Dann sollen die Pläne auch der Öffentlichkeit präsentiert werden, wie Viadrina-Präsident Alexander Wöll ankündigte.

Aktuell werde die Konzeptualisierung und Finanzierung des Gemeinschaftsprojekts zwischen der Frankfurter Europa-Universität und der Adam-Mickiewicz-Universität Poznan (Posen) geklärt. Das polnische Wissenschaftsministerium sowie Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) haben ihre Unterstützung zugesagt. Die Finanzierung sei dennoch ein schwieriger Schritt, betonte Wöll.

Thematischer Schwerpunkt der neuen Forschungseinrichtung sei die «Digitalität» im weitesten Sinne – jenseits von Informatik und Ingenieurwissenschaften, erklärte der Viadrina-Chef. «Wir wollen bestehende Lücken in Wirtschaft, Recht und Kultur mit diesem Projekt schließen.»

Als Beispiel nannte er Unternehmen, die ihre Rechenzentren neuerdings in Schiffe bauten, um im Zweifelsfall vor New York in internationalen Gewässern zu kreuzen, um sich in einem rechtsfreien Raum zu bewegen. Der Zugriff auf Konzerne müsse aber erhalten bleiben. «Das ist für das Überleben der demokratischen Gesellschaft und die Freiheit immens wichtig», betonte er. Spätestens in drei bis vier Jahren soll die neue Forschungseinrichtung als vierte Fakultät neben der juristischen, wirtschaft- und kulturwissenschaftliche ihren Betrieb aufnehmen. Als Standort käme das Areal des Collegium Polonicum auf Slubicer Seite in Betracht.

Wöll erhofft sich für seine Alma mater einen weiteren Imagegewinn. «Es ist paradox: Je weiter man von Brandenburg entfernt ist, desto berühmter wird die
Viadrina. In Kalifornien, Australien oder China kennt uns in der Wissenschaftswelt jeder.» Im innerdeutschen Raum halte sich dies noch in Grenzen. «Mit der ersten deutsch-polnischen Fakultät wird sich das schnell ändern», ist er sich sicher. Spätestens in drei bis vier Jahren soll die Fakultät ihren Betrieb aufnehmen.

Schon jetzt stehe die Viadrina vor allem bei ausländischen Studenten hoch im Kurs. Jeder vierte Studierende verfügt über einen nichtdeutschen Pass. Damit liege die östlichste Universität Deutschlands deutlich über dem Bundesschnitt. Dieser liegt bei 12,5 Prozent. Die größte Gruppe stellt nach den Angaben Polen mit 600 Studenten gefolgt von 131 türkischstämmigen jungen Leuten sowie 116 Studierenden aus der Ukraine. Insgesamt waren zum Start des Sommersemesters 6260 Studenten immatrikuliert.

In Frankfurt ausgebildete Juristen seien in Brüssel sehr begehrt, weil das Studium besondere europarechtliche Schwerpunkte setze. So sei im ersten juristischen Staatsexamen eine Europarechtsklausur Pflicht. Auch die interdisziplinäre Studienfach European Studies, stehend aus rechtlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Aspekten, sei in der deutschen und internationalen Wissenschaftslandschaft einzigartig. Am Donnerstag (21. Juli) feiert die Viadrina mit einem Festakt das 25-jährige Bestehen seit Neugründung.

Wurzeln der Viadrina reichen bis ins 16. Jahrhundert
Mit einem Festakt feiert die Europa-Universität Viadrina am Donnerstag ihr 25-jähriges Bestehen nach der Neugründung. Die Wurzeln der Alma Mater in Frankfurt (Oder) reichen jedoch bis ins 16. Jahrhundert zurück. 1506 wurde sie als Universitas Francofurtensis gegründet. Sie galt als erste brandenburgische Landesuniversität. 1811 schloss die Viadrina – Hintergrund war die Gründung der Berliner Humboldt-Universität um 1810. Einige Viadrina-Professoren wechselten nach Berlin. Andere sowie auch das gesamte Inventar übersiedelten nach Breslau (Wroclaw) und wurden mit der dortigen Leopoldina vereinigt. Von 1506 bis 1811 studierten bereits 55 000 junge Menschen an der Oder. Zum Start des Sommersemesters 2016 waren insgesamt 6260 Studenten immatrikuliert.

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(dpa)