Kopenhagen – Keine Bullerbü-Idylle wie in Schweden, nicht so gutes Wetter wie in Spanien: Nur wenige deutsche Studenten kommen auf die Idee, ihr Auslandsstudium in Dänemark zu verbringen.
Doch wer sich von dem dunklen Winter nicht abschrecken lässt, auf den warten spannende Städte, ein anspruchsvolles Studium und das glücklichste Volk der Welt. Und nicht nur der Weg zur Universität ist mit dem Fahrrad nie weit – auch das Meer ist immer nur eine Radtour entfernt.
«Ich glaube, bei vielen ist Dänemark einfach nicht im Bewusstsein», sagt Karriereberaterin Julia Funke aus Frankfurt/Main. «Es gibt ein paar Erasmus-Programme zwischen Universitäten, aber ansonsten ist es nicht das Erste, an das man denkt.» Wer ins Ausland will, sieht sich auch wegen der Sprache eher in England, den USA und Österreich um.
Für Jean-Baptiste Piel war Dänemark dagegen die erste Wahl. Der 23-Jährige studiert seit September an der Copenhagen Business School (CBS) in der dänischen Hauptstadt. Dass es ihn ausgerechnet hierher gezogen hat, liegt auch an seinen Wurzeln: Piels Mutter ist Dänin. Die Neugier auf das Heimatland seiner Mutter war aber nicht das Einzige, das Piel an der CBS reizte. «Die Copenhagen Business School war für mich auch eine Chance, weil das eine sehr renommierte Uni ist», sagt der Master-Student im Fach Creative Business Processes.
Die Unterrichtssprache ist Englisch, und das ist nicht nur an der CBS so: An den acht Unis, 14 Kunst- und Musikhochschulen, zehn Fachhochschulen und anderen Einrichtungen im Land können ausländische Studenten aus mehr als 700 Programmen wählen. Wer auf Dänisch studieren will, muss dagegen zuerst eine Sprachprüfung ablegen.
«Das kann natürlich ein Hinderungsgrund sein», sagt Karriereberaterin Funke. Andererseits könnten Bewerber mit einer ungewöhnlichen Wahl wie Dänemark bei Arbeitgebern punkten. «Natürlich sind Länder, wo nicht so viele sind, immer eher Blickfang», erklärt sie.
Über die Förderprogramme des Deutschen Akademischen Auslandsdienstes (DAAD) kamen 2015 rund 1100 Studenten nach Dänemark. Zum Vergleich: Im Vereinigten Königreich waren es mehr als 6600. Bei Bewerbern für Dänemark sei «immer wieder festzustellen, dass sie sich bewusst vom Mainstream («Master in Großbritannien») absetzen, um an einem individuelleren Profil zu feilen», sagt Wolfgang Gairing vom DAAD.
Vor allem bei Studiengängen, die man im Deutschland mit Staatsexamen abschließt, rät Julia Funke den Studenten, nachzufragen, inwiefern ihr Auslandsstudium anerkannt wird. Weil Dänemark EU-Mitglied ist, sind ansonsten bürokratisch eher wenige Hürden zu überwinden. Und noch einen Vorteil hat das Studium: «Ich glaube, dass es sehr viele reizt, dass sie hier keine Studiengebühren bezahlen», sagt Piel.
Wer kein Stipendium bekommt, kann neben dem Auslands-BAföG auch die dänische Studienförderung SU beantragen. Voraussetzung ist, dass der Bewerber neben dem Studium rund zehn Stunden in der Woche arbeitet. Ein gut gefüllter Geldbeutel ist in Dänemark auch nötig – denn gerade in den größeren Uni-Städten ist das Leben nicht billig. Wer hier im Supermarkt einkauft, bezahlt schnell das Doppelte wie in Deutschland.
Für die hohen Kosten entschädigt das Lebensgefühl. Gerade im Sommer blühen Universitätsstädte wie Kopenhagen, Aarhus und Roskilde auf. Doch auch vor dem dunklen Winter müssen sich deutsche Studenten nicht unbedingt fürchten. Dafür gibt es in Dänemark etwas, das sich «Hygge» nennt. Genau übersetzen kann man es nicht – im Deutschen kommt man dem Phänomen wohl mit dem Wort Gemütlichkeit am nächsten. «Hyggelig» ist etwas dann, wenn es für ein wohliges Gefühl im Bauch sorgt. Ein gutes Abendessen kann hyggelig sein oder ein Kinobesuch mit Freunden.
Fotocredits: Julia Wäschenbach,Julia Wäschenbach,Bjarke MacCarthy
(dpa/tmn)